Er gilt als der Kopf des Gladbecker Geiseldramas von vor 30 Jahren, aus seiner Waffe kam der tödliche Schuss auf Geisel Silke Bischoff. Seit 1991 sitzt Hans-Jürgen Rösner im Gefängnis. Lebenslang mit anschließender Sicherungsverwahrung lautete das Urteil des Landgerichts Essen. Im zweiten Teil seines Intervies mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland spricht er über seine Haft.

Finden Sie das Urteil einer lebenslänglichen Strafe gegen sich gerechtfertigt?

Das Urteil und die Strafe gegen mich, mal von der Sicherungsverwahrung abgesehen, ist nicht zu beanstanden, weil mein Handeln in 1988 nicht von Pappe war. Mir war auch von Anfang an klar und somit bewusst, dass mich die Tat mindestens 30 Jahre Knast kosten wird und wie man sieht, ich lag damit richtig.

Finden Sie es verständlich, dass Sie noch immer inhaftiert sind?

Ja, dass ich mich noch immer im Knast befinde, das kann ich schon nachvollziehen. Dennoch sollte das ganze einmal ein Ende finden und zwar in den nächsten Jahren. Mein Ziel ist der offene Vollzug, denn nur dort habe ich die Möglichkeit, mich zu bewähren. So kann ich positive Argumente schaffen, die auch eine Strafvollstreckungskammer benötigt, um eine entsprechende Entscheidung fällen zu können. Ohne den offenen Vollzug habe ich null Möglichkeit, mich zu bewähren. Einen Antrag für den offenen Vollzug stellt mein Anwalt Rainer Dietz in einem Jahr und dann wird man sehen.

Wie sieht ein normaler JVA-Tag bei Ihnen aus?

An den Werktagen stehe ich jeden Morgen um 4 Uhr auf, sitze vor dem Fernseher und trinke Kaffee und rauche einige Zigaretten. Um 5 Uhr beginne ich mit der Reinigung meiner Zelle, womit ich um 5.30 Uhr fertig bin. Von 5.30 Uhr bis 6 Uhr wasche ich mich und ziehe die von Samstag frisch gewaschene Wäsche an. Kurz nach 6 Uhr ist dann Aufschluss und das Frühstück wird ausgeteilt. Dann um 6.30 Uhr wird zur Arbeit abgerückt, die um 15 Uhr endet. 15.30 Uhr oder 16.30 Uhr, das wechselt in der Sommerzeit jede Woche, ist eine Stunde Freigang im Hof. Nach dem Hofgang wird Abendbrot verteilt und danach kann man duschen und dann beginnt die Freizeit: Man kann sich in der Abteilungsküche etwas zu essen zubereiten, sich bei einem Mitgefangenen in die Zelle begeben, sich unterhalten und man könnte auch Billard spielen. Um 20 Uhr 45 ist Nachtverschluss, dann schaue ich fern oder höre Musik. Weil ich an den Werktagen um 4 Uhr aufstehe, versuche ich um 23 Uhr zu schlafen, was mir auch meistens gelingt.

Was ist das Schlimmste an der Haft?

Das Schlimmste an der Haft ist bei Leuten mit lebenslänglicher Strafe und Sicherungsverwahrung die nie endende Ungewissheit, wann dieses abgefuckte Knastleben ein Ende hat. Dieser Zustand geht an die Substanz, macht einen fast irre und vernichtet die Hoffnung.

Was arbeiten Sie? Haben Sie einen Beruf erlernt? 

Ich arbeite in einem Betrieb, in dem Bügelbrettbezüge angefertigt werden. Dort bin ich mit einem Mitgefangenen Kontrolleur, wir machen die Ware versandfertig. Einen Beruf habe ich nicht erlernt, bin aber flexibel und kann mich in vielen Berufen einarbeiten.

Vergangenes Jahr haben Sie nach langem Zögern eine Therapie begonnen. Warum?

Fast fünf Jahre habe ich eine Therapie rigoros verweigert, weil ich eben keinen psychischen Schaden habe. Ich war kriminell, aber nicht krank. Nun habe ich seit einigen Jahren eine sehr sehr liebe Lebensgefährtin, die zu mir steht wie ein Fels in der Brandung. Ausschließlich sie hat bei mir ein Umdenken ermöglicht. Sie hat mich davon überzeugt, dass man doch noch vertrauen kann, dass das Leben trotz allem lebenswert ist und dass ich mich für alle Zeit voll auf sie verlassen kann. Im Grunde genommen bin ich ein sehr misstrauischer Mensch, aber ihr glaube ich und zwar ohne Wenn und Aber! Und weil mir diese Frau so sehr vertraut, so werde ich in Zukunft auch nicht mehr gegen unsere Beziehung handeln. Ich hatte zudem das ganz große Glück, dass ich auf einen sehr netten Therapeuten gestoßen bin, von dem ich den Eindruck habe, dass er ein total ehrlicher Mensch ist. Ich habe jede Woche eine Stunde Therapiesitzung, wo ich auch sehr gerne hingehe.

Wie stellen Sie sich die Zukunft nach der Haft vor?

Sollte ich irgendwann mal wieder in Freiheit gelangen, so würde ich weit ab von allem und jedem irgendwo in Ruhe und Frieden den Rest meines Lebens verbringen und zwar mit meiner Lebensgefährtin. Den „Pfad des Bösen“ habe ich seit langen verlassen, das kommt für mich absolut nicht mehr in Frage. Wann der letzte Abschnitt meiner Zukunft nun beginnen könnte, das steht noch in den Sternen. Ich würde mir wünschen, im Jahr 2022 oder 2024 frei kommen zu können. Ich bin jetzt auch in einer Wohngruppe untergebracht. Das ist hoffentlich ein erster Schritt in ein freies Leben.